von Marko Demantowsky
Hiermit startet ein neue, etwas besondere Schriftenreihe, und sie startet natürlich mit einem Band Eins. Wie sollte es anders sein? Ich sage zuerst mal etwas zu diesem ersten Band und seinem Autor, dann zu der Reihe.
Deutschsprachiges Video (English version below)
Der Titel „Zeitverschluss. Das Museum als Panikraum“ sagt schon gut, was die Leserin oder der Leser zu erwarten hat. Und wenn man dann noch auf den Autor Valentin Groebner schaut, ordentlicher Professor für Geschichte an der Universität Luzern, dann wird es endgültig klar: Sie bekommen eine glänzend formulierte intellektuelle Provokation serviert.
Museen und ihre Ausstellungen und deren Besprechungen sind in unserer Zeit allgegenwärtig. In dieser Allgegenwart werden allerdings geheime Botschaften transportiert, die Valentin Groebner nicht verborgen bleiben lassen will. Denn sie sind nach Auffassung des Autors problematisch.
Diese Schrift liegt in einem Band auf Deutsch und auf Englisch vor. Das ist eines das Anliegen dieser neuen Reihe. Aber wie schafft man es, die zwei Sprachversionen des Textes, das Englische und das Deutsche, angemessen in einem Buch zu vereinen? Man könnte auf der linken Seite die eine Sprache, auf der rechten Seite die andere Sprache drucken lassen, aber das erzeugt nur ein ständiges Hin- und Herspringen, zerstört den Lesefluss und das Erlebnis beim Lesen dieser einen Autorenstimme in zwei Versionen. Das Gleiche gilt umso mehr, wenn man absatzweise die beiden Sprachvarianten wechselnd aufeinander folgen ließe.
Ein ähnliches Problem ergibt sich beim Einbandtitel. Das Deutsche oder das Englische zuerst, groß oder klein die Schrift – und was soll das für eine Unübersichtlichkeit im Anblick werden? Die Idee war, diese Probleme mit einem „Wendebuch“ zu lösen. Ich kannte dieses Konzept nur von neueren Kinderbüchern. Wir haben es hier sehr konsequent umgesetzt. Es sind zwei Bücher, vereint in einem Band. Mit einer vollständigen Drehung schafft man die Verwandlung. Man kann es sozusagen drehen und wenden wie man will, man erhält das gleiche Argument, aber jeweils in einem anderen kulturellen Klang. Mit dieser Bilingualität wollen wir die manchmal fast hermetisch getrennten Sprachwelten des intellektuellen Deutschen und des Englischen miteinander ins Verhältnis setzen – ohne die eine Welt auf Kosten der anderen zu erweitern.
Ich bin dem Verlag De Gruyter Oldenbourg, mit dem ich nun schon relativ lange zusammenarbeiten darf, sehr dankbar, dass er diese neue Reihe mitentwickelt und produziert hat und nun zu vermarkten unternimmt. Das ist alles andere als selbstverständlich. Es ist ein unternehmerisches Wagnis. Die Bände haben eine tolle Ausstattung bei einem verhältnismäßig niedrigen Ladenpreis. Ich hoffe, das rechnet sich ausreichend.
Die neue Schriftenreihe heißt „Vienna Public History Lectures“. Sie fußt auf jährlich-herbstlichen Festvorträgen in Wien, die sich auf Deutschlandfunk Kultur nachhören lassen. Sie werden in Zusammenarbeit mit Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien veranstaltet. In diesem und in allen weiteren Bänden soll es um den öffentlichen, genauer: den nicht-wissenschaftlichen Umgang mit Vergangenheitsbezügen, mit Geschichten, gehen. Diese Vorträge und Bände richten sich an Wissenschaft und eine interessierte Öffentlichkeit, sie sind auch in dieser Hinsicht ein Brückenschlags- und Übersetzungsprojekt.
In diesem Herbst wird als zweiter Redner Patrick Bahners von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu uns kommen – mit einem Aufschlag über Hilary Mantels Geschichtsromane. 2024 und 2025 folgen die Schriftstellerinnen Ursula Krechel aus Berlin und Anne Weber aus Paris. Es ist eine erlesene Riege, und ich freue mich schon jetzt auf jeden einzelnen Vortrag und Band.
Diese Bände werden wiedererkennbar bleiben, sie eignen sich zu Sammlerstücken. Ich danke allen Beteiligten und Mitarbeitenden von Herzen.
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